© Dagmar Rumpf

Sperrung der Badner Wand

24.01.2023

Seit dem 12. Dez. 2022 ist die Badener Wand am Battert für das Klettern und der Aussichtspunkt am Felskopf für Wanderer gesperrt. An diesem Tag hat die Stadt Baden-Baden im Auftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe eine entsprechende Allgemeinverfügung erlassen. Begründet wurde die Maßnahme mit dem Schutz des Wanderfalkens, der dort seit 2004 regelmäßig brütet, in einzelnen Jahren aber keinen Bruterfolg hatte.

Die Wanderer verlieren mit der Komplettsperrung einen unvergleichlichen Aussichtspunkt, die  Klettercommunity die sonnigste Wand am Battert, einen Solitär mit bis zu 50 m Höhe und zahlreichen großen klassischen Routen, an der seit über 100 Jahren geklettert wird.

Es ist umstritten – und die Medien haben davon in den letzten Wochen breit berichtet – ob diese harte Maßnahme einer Totalsperrung gerechtfertigt ist oder ob der Schutzzweck nicht mit milderen Mitteln ebenso hätte erreicht werden können

Seit im Herbst 2021 das Vorhaben des Regierungspräsidiums bekannt wurde, die Badener Wand komplett zu sperren, sind alle Versuche gescheitert, zu einem für alle Betroffenen tragbaren Kompromiss zu kommen. Einen diesen Namen verdienenden Dialog zwischen Behörde und Betroffenen hat es nicht gegeben – das sehen nicht nur Kletterer so, sondern auch die im Schwarzwaldverein organisierten Wanderer und die Baden-Baden Kur & Tourismus GmbH. Ein letzter Versuch seitens der Kletterer, das Regierungspräsidium an den Verhandlungstisch zurückzubringen, waren ein offener Brief an Regierungspräsidentin Felder vom 4. November 2022 mit mittlerweile fast 8000 Unterschriften und eine Demonstration am 27. November 2022 mit über 200 Teilnehmern. Mit dem Vollzug der Anordnung und dem Entfernen der Infrastruktur an der Badener Wand noch in der ersten Januarhälfte hat das Regierungspräsidium allerdings nachdrücklich unterstrichen, dass es daran nicht interessiert ist.

Der Arbeitskreis Klettern und Naturschutz Battert (AKN Battert), dessen Aufgabe es ist, im Namen der DAV-Sektionen und der Bergwacht in der Region (aus deren Delegierten sich der AKN zusammensetzt) zwischen den Interessen der Natursportler und des Naturschutzes zu vermitteln, begleitet und beobachtet die Wanderfalkenbrut von Anfang an ehrenamtlich. Zahlreiche Maßnahmen zum Schutz des Vogels hat er initiiert, umgesetzt und in der Gemeinschaft der Kletterer kommuniziert. Es ist allgemein anerkannt, dass gerade dieses zur Akzeptanz der Schutzmaßnahmen beigetragen hat. Dazu gehörte in der Vergangenheit hauptsächlich die temporäre Sperrung einzelner Routen in der Badener Wand während der Brutzeit. Der AKN wäre bereit gewesen, eine Sperrung der gesamten Wand während der Brutzeit mitzutragen und die Maßnahme mit einem Brutmonitoring zu begleiten, doch fand er mit diesem Kompromissvorschlag bei der Behörde kein Gehör.

Der AKN ist der Meinung, dass das Regierungspräsidium Karlsruhe bei seiner Entscheidung nicht alle Faktoren angemessen einbezogen hat. So werden z.B. natürliche Einflüsse auf den Bruterfolg wie Nesträuber (Uhu, Waschbär, Marder), Witterungsbedingungen oder die sonnenexponierte südwestliche Lage des Horsts in der Badener Wand aus Sicht des AKN nicht ausreichend berücksichtigt. Stattdessen werden ausschließlich Störungen durch Kletterer und Wanderer für  mangelnden Bruterfolg verantwortlich gemacht.

Umstritten ist außerdem, wie die Statistik des Bruterfolgs zu bewerten ist (betrachtet man jeweils eine Dekade (2004-2013, 2005-2014, 2006-2015 etc), so liegt die durchschnittliche Reproduktionsrate stets zwischen 1,0 und 1,5 und damit deutlich über dem für den Erhalt der Population angegebenen Wert von 0,7. Dieser Wert sinkt naturgemäß, wenn man den Fokus auf kürzere Zeitspannen verengt), und die vom Regierungspräsidium herangezogenen Vergleichsdaten anderer Brutstätten im Umkreis sind lückenhaft und deshalb ungeeignet. Es stellt sich ganz allgemein die Frage, ob der Falke am Battert tatsächlich so gefährdet ist wie behauptet, auch angesichts der Tatsache, dass sich die Falkenpopulation insgesamt erholt hat (der Wanderfalke ist nicht mehr auf der „Roten Liste gefährdeter Arten“ aufgeführt), ja sich der Falke ganz offenbar an seine menschlichen Nachbarn gewöhnt hat:  Wanderfalken brüten inzwischen sogar in Großstädten und in Industrieanlagen. Die Hessische Landesregierung hat unter anderem aus diesen Gründen jüngst entschieden, die Wanderfalken aus dem Entwurf des §36 des Hessischen Naturschutzgesetzes ersatzlos zu streichen.

Überhaupt sind anthropogene Störungen des Brutpaars am Battert in größerem Umfang  lediglich behauptet und nicht belegt. Die Wissenschaft liefert darüber hinaus derzeit keinen anerkannten Nachweis, dass eine ganzjährige Sperrung eines Kletterfelsens die Wahrscheinlichkeit für einen erfolgreichen Brutverlauf erhöht.

Die Entscheidung von Regierungspräsidentin Felder zeugt von mangelndem Respekt für die ehrenamtliche Naturschutzarbeit der Kletterer und ihre langjährigen Bemühungen um den Schutz des Wanderfalken sowie von einem Unvermögen, das eng verflochtene Miteinander und Ineinander von Mensch und Natur zu begreifen und eine für alle vertretbare und akzeptable Lösung anzustreben.

Fakt ist, dass einseitige und nicht nachvollziehbare Verbote dem Naturschutzgedanken eher schaden als nutzen und Akzeptanz nur durch Transparenz erreicht wird. Gerade Natursportler werden ihr ganzes Bemühen in den Schutz der von ihnen geliebten und, ja, auch genutzten Natur verwenden, solange sie von der Natur nicht entfremdet werden.

Angesichts all dieser Argumente, die die Entscheidung des Regierungspräsidiums so umstritten machen, unterstützt der AKN nun das Widerspruchsverfahren gegen die Allgemeinverfügung und die Klage eines Betroffenen, um offene Fragen juristisch klären zu lassen. So, wie das in einer Demokratie ein legitimes Recht und gute Praxis ist.

 

Weiterführende Links:

https://www.change.org/p/rettung-der-badener-wand-f%C3%BCr-den-klettersport-battertfelsen-baden-baden

https://www.startnext.com/battert100

https://www.facebook.com/profile.php?id=100089002953735

 

#rettet_die_badenerwand